4: DOTA und „Zwei im Bus“

Was Carmen denkt: 

Also ich bin ja eigentlich eine sehr dankbare Witze-Zuhörerin (vor allem, weil ich selbst die schlechteste Witze-Erzählerin aller Zeiten bin), aber als mein Date vor einigen Jahren nach ein paar Gläsern Wein plötzlich damit begann, immer die selben Nationalitäten und Sexualitäten in seinen Witzen lächerlich zu machen, da hatte ich einfach keine Lust mehr. Auf ihn. Ich fragte mich erst, ob ich kleinlich sei und/oder pedantisch, wollte dem Ganzen noch eine Chance geben. Als ich ihm dann jedoch von meinen kritischen Gedanken über Witze dieser Art erzählte, und er verärgert meinte, dass ich humorlos und engstirnig sei, da beendete ich das Date und suchte das Weite. Okay gut, vielleicht bin ich da ja auch etwas pedantisch, aber ich finde es einfach nicht lustig, wenn Menschen Witze reißen, die rassistisches, sexistisches oder andersartig diskriminierendes Gedankengut beinhalten, ohne dies offensichtlich (zumindest davor oder danach) zu kritisieren. 

Ich weiß, dass Humor ein wichtiges Medium ist, das es braucht, um eine Demokratie aufrecht zu erhalten, ich weiß auch, dass es Witze braucht, die zum Nachdenken anregen, und ich bin mir auch sicher, dass es genug Menschen gibt, die über alles und jeden Witze reißen, ohne absichtlich diskriminieren zu wollen, aber ich möchte mich, gerade wenn man sich noch nicht so gut kennt, kritisch dazu äußern dürfen, ohne als „Spaßbremse“ zu gelten. 

Sei es, wie es sei, jedenfalls musste ich ob der scheinbaren Ähnlichkeit der Geschichten vor kurzem ganz schön schmunzeln, als ich DOTAs Lied „Zwei im Bus“ zum ersten Mal hörte, denn – so interpretiere ich es – sie beschreibt eine recht ähnliche Geschichte, jedoch so treffend und witzig, dass es mich vor Bewunderung und Lachen fast vom Stuhl geworfen hat. 

„Rollenspiel und Backen – aus uns könnte was werden – denkt sie g’rade, da reißt er diesen Witz, sie ist perplex – so ein rassistischer Witz – er lacht, und sie lacht kurz mit aus Reflex. Was ist zu tun?“ singt sie da zum Beispiel gegen Anfang und schildert dann sehr eindrücklich, welche Reaktionsmöglichkeiten ihr in solch einer Situation durch den Kopf gehen. „Bleib’ ich jetzt höflich, oder scheiß’ ich auf höflich?“ fragt sie weiter, laut denkend, betörend ehrlich, im Konflikt mit sich selbst – und ich erkenne mich sofort in diesem Gedankengang.  So wie in vielen ihrer Lieder bewundere ich auch in diesem Text DOTAs Mut zur Ehrlichkeit und Gesellschaftskritik. Ich glaube, davon könnten sich viele von uns eine Scheibe abschneiden. Danke für diese Erkenntnis, liebe Dota, Du inspirierst mich ! 

PS: Ich würde übrigens dringend dazu raten, Euch das Lied „Zwei im Bus“ ganz anzuhören, die Geschichte bleibt nämlich bis zum Schluss sehr spannend und unterhaltsam.

Was Dota denkt: 

Hallo Carmen – Danke für Deinen Text!

Es gab tatsächlich eine auslösende Situation für das Lied – allerdings waren es da sexistische Sprüche, die ein Mann von sich gegeben hat, den ich ansonsten sehr schätze. Ich hab’ es in der Geschichte dann aber lieber auf Rassismus übertragen, weil ich mir schon lange vorgenommen hatte, das Thema anzufassen und es schien mir so wohlfeil, einfach einen Text entlang des Allgemeinplatzes „Rassismus ist schlecht“ zu schreiben. 

Wirklich interessant wird die Situation ja erst dadurch, dass sich die beiden Figuren in dem Lied ja gegenseitig mögen und sich irgendwie näher kommen. 

Dann hab’ ich an dem Stück sehr lange herumgeschrieben, weil mir zwar der ganze Verlauf der Geschichte leicht von der Hand ging, aber mir einfach kein gutes Ende eingefallen ist. Irgendwann habe ich jedoch gemerkt, dass das wohl einfach im Wesen des Phänomens liegt und habe es so gelassen…

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4 Kommentare zu „4: DOTA und „Zwei im Bus“

  1. Liebe Carmen,
    anfänglich geriet ich ob dieser Vorkommnisse auch oft in Widerstreit
    mit Contenance & Co. Es ist tatsächlich wie von dir und im Lied
    beschrieben, dass man von seinem Gegenüber nicht so schlecht denken möchte,
    wie es sich präsentiert. Eher denkt man, man hat sich verhört…
    Nein; hat man nicht. Betreffende sind so drauf und das lässt sich ja auch
    ganz unmissverständlich übersetzen. Insofern erlaube ich mir inzwischen,
    Betreffenden dann auch ganz unverhohlen die Rückseite zu zeigen.
    Das Thema lässt sich ja auf alle Bereiche übertragen, in denen gedisst wird –
    wie DOTA es ja auch besingt – ich kann dich also nur beglückwünschen,
    dass auch deine Höflichkeit in diesem Punkt kein Pardon gewährte.

    1. Liebe Anna, ich danke Dir einmal wieder für Deine vielschichtigen Gedanken zu meinem Blog! Ich hoffe auch oft, mich verhört zu haben, wenn ich höre, wie sich über Menschen anderer Kulturen oder Geschlechter lustig gemacht wird. Natürlich darf und muss man bis zu einem gewissen Grad über sich selbst und alles andere in der Welt lachen dürfen. Du kennst mich – ich lache gerne und viel. Auch über mich. Ich kann auch oft nicht sagen, wo die Grenze liegt, aber ich denke man spürt oft, ob jemand der Vielfalt der Menschen gut gesonnen ist – oder ob jemand nur über Menschen Witze reisst, weil er/sie Witze als Medium des Hasses für sich entdeckt hat. – In diesem Sinne – Mehr Liebe braucht die Welt 🙂

  2. Liebe Carmen,
    juhu, ich liebe Dota und du anscheinend auch. Wie schön, dass du hier ein Lied von ihr vorstellst. Noch dazu eins, das ich als Dota-Fan noch gar nicht kenne. Ja, wie Dota und auch du es schreibst, ist Rassismus und Sexismus besonders heikel wenn es nicht die üblichen Feindbilder durchblicken lassen. Ich selbst hatte auch schon viele Diskussionen und Rangeleien, an eigentlich entspannt geglaubten Orten wie im Freundeskreis, im Schachverein, auf endlosen Familienfeiern, in Mitfahrgelegenheiten oder wie du auf Dates. Mittlerweile höre ich mir bestimmte Zuschreibungen a la Moralapostel einfach an und kann das gut aushalten, denn eins geht für mich gar nicht: Dumme Kommentare einfach stehen lassen und hoffen, dass es der andere nicht so gemeint hat oder es niemand gehört hat. Aufgefallen beim tollen Song von Dota ist mir wieder ihre Liebe zum offenen Ende wie zb. im Song „öffentlicher Nahverkehr“… Freue mich schon auf dein nächstes Portrait!

    1. Liebe Shubia – Jaaa, ich bin wirklich auch ein großer Fan von Dota. Mich begeistert ihre Kreativität und ihr Mut, über Themen zu schreiben, die sonst niemand so leicht anfasst. Gerade das ist doch echt ein Thema, über das, wie ich jetzt merke, mehr Leute regelmäßig nachdenken, als gedacht. Schon spannend. Ich finde es gut, dass Du Deine Meinung zu solchen Kommentaren äußerst, über Bezeichnungen wie „Moralapostel“ und „Gutmensch“ freue ich mich ja tatsächlich mittlerweile. 😉 Danke für Deine Gedanken, liebe Shubia !!

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